Art. 3 I GG – Allgemeiner Gleichheitssatz

 

Methodischer Hinweis:

 

OS: Der Allgemeine Gleichheitsgrundsatz ist verletzt, wenn entweder wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird oder wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird, ohne dass dafür ein legitimer Grund besteht.

 

1.   Anwendungsbereich

      a)   Grundrechtsträger

            -     alle natürlichen Personen und juristischen Personen des Privatrechts

            -     juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich nicht darauf berufen

 

      b)   Grundrechtsverpflichteter

            Art. 3 I GG bindet die gesamte öffentliche Gewalt, dh:

            -     den Gesetzgeber bzgl Gesetzen, auch Gesetzgeberisches Unterlassungen (Arg: § 95 BVerfGG)

                  BVerfGE 1, 97 – Hinterbliebenenversorgung

            -     die Verwaltung bzgl Rechtsverordnungen (wie Gesetze) und sonstigem Verwaltungshandeln zB durch Selbstbindung der Verwaltung.

                  Beachte aber: Keine Gleichheit im Unrecht

            -     die Rechtsprechung muss bei der Auslegung und Lückenfüllung den Gleichheitssatz beachten.

 

                  Problem: schwere Rechtsanwendungsfehler

 

2.   Vergleichspaarbildung

Es müssen mindestens zwei Lebenssachverhalte gegeben sein, wobei:

-     verschiedene Personen, Personengruppen oder Situationen vergleichbar sein müssen, die

-     durch denselben oder ähnlichen Akt der öffentlichen Gewalt

-     ungleich behandelt werden

 

3.   Rechtfertigung

      a)   formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahme

 

      b)   uU besondere Anforderungen der speziellen Gleichheitsgrundsätze

 

      c)   sachlicher Grund

            aa)  verfassungslegitimes Differenzierungsziel

 

            bb)  verfassungsgemäßes Differenzierungskriterium

                        Beispiele und Einzelprobleme:

            Teilhabe an öffentlichen Einrichtungen: „bekannt und bewährt“

Typisierung und Pauschalisierung: „zulässig soweit nicht atypische Fälle unberücksichtigt bleiben“

BVerfGE 100, 59 – Rentenüberleitung

 

      d)   Verhältnismäßigkeit

            aa)  Ist die Ungleichbehandlung zur Erreichung des Differenzierungszieles geeignet und erforderlich?

 

            bb)  Stellt die Ungleichbehandlung zu den Nachteilen in einem angemessenem Verhältnis?

 

5.   Rechtsfolgen

      a)   Gesetzgebung

Grundsätzlich ist in Fällen eines Verstoßes gegen Art. 3 die Regelung nicht nichtig, sondern nur mit Art. 3 unvereinbar. Dh der Gesetzgeber wird verpflichtet, eine verfassungskonforme Regelung zu erlassen, meist mit Übergangszeiten.

Ausnahmsweise kann sich Teilnichtigkeit ergeben für besondere Fälle zB wenn es dem Gesetzgeber genau darauf ankam.

 

      b)   Verwaltung

            aa)  Rechtsverordnungen

                  Handhabung wie oben bei Gesetzen

           

            bb)  Verwaltungsakte

Der VA ist rechtswidrig und kann somit für nichtig erklärt werden.

 

      c)   Rechtsprechung

Das Urteil, das gegen Art. 3 GG verstößt kann aufgehoben werden.